In Kayalıpınar sind neue Ausgrabungen aufgenommen worden und man darf sich wohl durchaus neue und entscheidende Erkenntnisse von dieser Grabung erhoffen.
Bereits bei den Grabungen, welche in Kayalıpınar von 2005 bis 2019, durch die Philipps-Universität Marburg durchgeführt wurden, konnte die Stätte bei Kayalıpınar mit großer Sicherheit als die Hethitische Kultstadt Šamuḫa identifiziert werden.
Doch kommt der Stadt nicht nur als wichtiges Religiöses Zentrum des Reiches große Bedeutung bei. Während der Kaškäereinfälle in der Regierungszeit von Tudḫaliya II., welche das Reich an den Rand des Kollapses brachten, verlegte dieser die Hauptstadt ins besser geschützte Šamuḫa.
Eine weise Entscheidung, denn die traditionelle Hauptstadt Ḫattuša wurde von den Kaškäern eingenommen und geplündert.
Auch während des Neuen Reiches diente Šamuḫa für kurze Zeit dem Großkönig Muwatalli II. als Residenzstadt, ehe er sein Machtzentrum nach Tarḫuntašša verlagerte.
Die Geschichte Šamuḫas reicht jedoch erheblich weiter zurück. Bereits während der Karumzeit muss der Stadt eine große Bedeutung zugekommen sein, denn in Šamuḫa existierte, ähnlich wie in Kaniš–Nēša, eine Assyrische Handelskolonie.
Nicht zuletzt kommt der Stadt jedoch als Kultzentrum eine bedeutsame Rolle zu. Eine Vielzahl verschiedener Götter wurden in der Stadt verehrt. Darunter der Wettergott des Blitzes, Ḫebat von Šamuḫa und der Wettergott von Ḫalab.
Insgesamt war das Pantheon der Stadt stark Ḫurritisch geprägt.
Die aktuellen Ausgrabungen werden sich auf einen Tempelkomplex fokussieren, welcher der „Göttin der Nacht“ zugeschrieben wird.
Die Göttin der Nacht geht auf die Mesopotamische Göttin Ištar zurück. Ihr Kult wurde von Tudḫaliya I. von Kilikien nach Ḫatti eingeführt. Ištar werden viele verschiedene Aspekte zugeschrieben. Sie tritt zum Beispiel als Kriegsgöttin, als Göttin der Liebe sowohl als Göttin des Morgen- als auch Abendsterns in Erscheinung.
In Šamuḫa wurden verschiedene Aspekte der Göttin als separate Gottheiten verehrt. Die Göttin der Nacht und die Göttin Pirnikir dürfen wohl beide als die Verehrung des Astralen Aspektes des ursprünglichen Ištar Kultes verstanden werden.
Daneben tritt Ištar in Šamuḫa allerdings auch noch als Šaušga des Feldes von Šamuḫa auf. Die Verehrung von Šaušga repräsentiert dabei den Kriegerischen Aspekt Ištars.
Ḫattušili III., besonders berühmt für seinen Friedensvertrag mit Ramses II., war von seinem Vater als Priester der Šaušga in Šamuḫa eingesetzt worden. Ḫattušili III. war der jüngste Sohn Muršili II. und hatte damit eigentlich keine Aussicht auf den Thron. Zudem schien er ein kränkliches Kind gewesen zu sein, sodass seine Eltern befürchten mussten das er nicht lange Leben würde. Muršili II. behauptet schließlich ein Traumgesicht gehabt zu haben, in welchem ihm die Göttin Ištar/Šaušga erschien. Sie versprach ihm, Ḫattušili zu heilen, wenn er seinen Sohn dafür in ihre Dienste stellte.
Auch nach Ḫattušili III. aufstieg zum Großkönig blieb dieser dem Kult des Šaušga sehr verbunden, was die Stellung Šamuḫas als wichtiges Kultzentrum weiter gefördert haben dürfte.
Die starken Ḫurritischen Einflüsse in Šamuḫa dürften dadurch wohl auch ihren Anteil daran gehabt haben, das im Neuen Reich Ḫurritische Kultureinflüsse spürbar zunahmen.