Aufstieg und Niedergang der Hethiter in der europäischen Kulturwissenschaft

Die Hethitischen Großkönige beherrschten einst weite Teile Anatoliens und Syriens. Ihre Macht und ihr Einfluss standen denen der Pharaonen oder der Könige von Babylon in nichts nach. Und dennoch fiel ihr Reich für viele Jahrtausende vollständig der Vergessenheit anheim.
Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann sich der Schleier des Vergessens zu lüften, als der deutsche Altorientalist Hugo Winkler 1906 in der Nähe des Dorfes Boğazköy mit Ausgrabungen begann und dabei Ḫattuša, die ehemalige Hauptstadt der Hethiter, wiederentdeckte.

Die zahlreichen Texte aus dem Hethiterreich bieten uns heute einen umfassenden Einblick in die Welt der Hethiter, ihre Kultur, in die Funktionsweise ihres Reiches und den Aufbau ihrer Gesellschaft. Eine Gesellschaft, welche besonders im Kontext ihrer Zeit in vielerlei Hinsicht als außergewöhnlich betrachtet werden kann.
So verfügten die Hethiter über ein, nach unserem heutigen Rechtsverständnis geradezu modern anmutenden Rechtssystem, in welchem die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft war.
Und der Hethitische Großkönig herrschte nicht mit den gleichen uneingeschränkten Machtbefugnissen, wie viele seiner Zeitgenossen. Stattdessen wurde seine Macht durch den Panku, einer Art Parlament, beschränkt, welches bei der Gesetzgebung mitwirkte und darüber wachte, dass der Großkönig selbst das Gesetzt befolgte. Einige Hethitologen sprechen in diesem Zusammenhang gar von einer Art konstitutioneller Monarchie.

Verglichen mit anderen prominenteren Völkern der Antike, wie zum Beispiel der Ägypter, der Römer oder Griechen, findet dennoch kaum eine Rezeption der Hethiter statt. In der öffentlichen Wahrnehmung sind sie auch hundert Jahre nach ihrer Wiederentdeckung noch immer ein weitestgehend unbekanntes Volk.
In dieser Arbeit möchte ich aufzeigen, dass die kulturellen Erzeugnisse der Hethiter mehr Aufmerksamkeit verdienen. Darüber hinaus möchte ich die Frage stellen, ob wir aus unserer heutigen Sicht, aus der Sicht eines Mittel- oder Westeuropäers des 21. Jahrhunderts, die Gesellschaft der Hethiter bereits als eine rechte moderne betrachten können.
Schwerpunktmäßig wird sich die Arbeit dabei auf die Hethitischen Gesetzte, die Stellung der Frau in der Hethitischen Gesellschaft und den Telipinu Erlass konzentrieren, da dieser als die älteste Verfassung der Menschheitsgeschichte interpretiert werden kann.

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