Die Hethitischen Nachfolgestaaten

Die genauen Ereignisse, welche zum Untergang des Hethitischen Reiches führten sind noch immer ungeklärt und vielleicht widme ich der, derzeitigen Faktenlage auch irgendwann einen eigenen Beitrag.
Doch soll sich dieser Beitrag nicht zu sehr mit dem Untergang des Hethitischen Reiches beschäftigen, sondern was darauf folgte.
Sicher ist nur das die herrschende Dynastie in Ḫattuša verschwand und mit ihr auch ihr Verwaltungssystem. Mit dem Verwaltungssystem scheint auch die Tradition der Keilschrifttontafeln erloschen zu sein, denn für fast dreihundert Jahre fehlen uns nennenswerte Schriftquellen in der Region.
Dennoch lässt sich aus den Befunden eine gewisse kulturelle Kontinuität, in den ehemaligen Gebieten des Großreiches, feststellen. Besonders in den östlichen Gebieten.

Einer der wichtigsten und recht gut belegbaren Nachfolgestaaten war Karkemiš, welches bereits während der Großreichszeit ein wichtiges politisches Zentrum gewesen war. In Karkemiš hatte Šuppiluliuma I. ein erbbares Vizekönigtum eingerichtet und einen seiner Söhne als Vizekönig eingesetzt.
Das Vizekönigtum überdauerte die politischen Wirren des Zusammenbruches und so blieb hier eine Seitenlinie der ehemaligen Dynastie von Ḫattuša weiterhin an der Macht. Der Urururenkel Šuppiluliumas I. Kuzi-Tešub nahm dort den Titel Großkönig an, welcher zuvor nur den Herrschern von Ḫattuša vorbehalten gewesen war.
Außerdem scheint Ḫatti als die Bezeichnung für das ehemalige Kernland der Hethiter rings um Ḫattuša in dieser Zeit zu verschwinden. Stattdessen beginnt Kuzi-Tešub das Gebiet rings um Karkemiš nun als Ḫatti zu bezeichnen.

Was wir über Kuzi-Tešub wissen, stammt jedoch nicht aus Karkemiš, sondern aus Malatya. Einem weiteren Nachfolgestaat, in welchem mindestens zwei Enkel von Kuzi-Tešub als Könige herrschten.
Allein aus den in Malatya gefundenen Quellen lässt sich rekonstruieren, das Nachfahren der Dynastie von Ḫattuša, zumindest in Teilen des ehemaligen Reiches für weitere zweihundert Jahre an der Macht waren.

Ein weiterer bedeutender Nachfolgestaat war Tarḫuntašša. Tarḫuntašša, gelegen an der südöstlichen Mittelmeerküste der heutigen Türkei, war wie Karkemiš ein Vizekönigtum, in welchem eine Seitenlinie des Dynastie von Ḫattuša herrschte.
Eines der letzten gesicherten Ereignisse, kurz vor dem Untergang des Großreiches, war ein Aufstand Tarḫuntaššas, welcher von Šuppiluliuma II. jedoch noch einmal niedergeschlagen werden konnte. Eine Inschrift aus Tarḫuntašša deutet daraufhin das sich der Herrscher des Vizekönigtums in jener Zeit ebenfalls den Titel Großkönig zulegte.
Und auch wenn Šuppiluliuma II. sich rühmt Tarḫuntašša besetzt zu haben so war sein Erfolg doch nur von kurzer Dauer. Während das Hethitische Reich verschwindet scheint sich Tarḫuntašša erneut als Nachfolgestaat in der Region aus dem Trümmern des Großreiches erhoben zu haben.

Im weiteren will ich nur kurz auf einige weitere der kleineren Nachfolgestaaten eingehen, welche ich für erwähnenswert halte.
Da ist zum einen Gurgum, nordwestlich von Karkemiš, in welchem ebenfalls Nachkommen des Herrscherhauses von Karkemiš herrschten. Mitglieder dieser Dynastie tauchen mehrmals in Assyrischen Quellen auf, weshalb sie uns relativ gut bekannt sind.

Aus Assyrischen Quellen sind uns auch die Fürstentümer Unqi und Que bekannt, welche in Kilikien zu verorten sind. Zwar mangelt es an Schriftquellen aus der Region, doch lässt sich auch dort eine kulturelle Kontinuität aus der Großreichszeit feststellen. Es ist anzunehmen das dort, im ehemaligen Kizzuwatna, eine Vielzahl von kleinen Nachfolgestaaten entstanden, welche uns nicht alle namentlich bekannt sind.

Ḫalab, das heutige Aleppo, war während der Zeit des Neuen Hethitischen Reiches ein wichtiges Kultzentrum. Eine Funktion, welches es auch nachdem Zusammenbruch des Reiches wahren konnte. Von sonderlich großer politischer Bedeutung scheint es jedoch nicht gewesen zu sein. Dennoch halte ich es für erwähnenswert, da in der Stadt für eine Weile eine Priesterdynastie herrschte, welche ihren Ursprung auf die Dynastie von Ḫattuša zurückführen kann.

Aus Kummuh, in der klassischen Antinke als Kommagene genannt, lassen sich zwei Könige mit den Namen Šuppiluliuma und Ḫattušili belegen, bei welchen es sich um Vater und Sohn handelte.
Eine Verbindung zur Dynastie von Ḫattuša lässt sich für die beiden jedoch nicht rekonstruieren.

Abgesehen von Ḫalab sind die bisher aufgeführten Nachfolgestaaten alle den luwisch dominierten nördlichen Nachfolgestaaten zuzuordnen. Neben diesen bildeten sich im Süden jedoch auch eine Reihe von Nachfolgestaaten heraus, welche unter Aramäischen Einfluss standen und oft unter dem Namen Aram zusammengefasst werden.
Diese tauchen auch an verschiedener Stelle in der Bibel auf und es anzunehmen das es sich bei den Nachfolgestaaten aus Aram um die in der Bibel erwähnten Hethiter handelt. Doch darauf möchte ich in einem separaten Beitrag eingehen.

Quelle

J. David Hawkins: Die Erben des Großreiches I, in: Die Hethiter und ihr Reich. Das Volk der 1000 Götter, Bonn 2002, S. 56 – 59.

7 Gedanken zu „Die Hethitischen Nachfolgestaaten

  1. Ich bin eine einfache Frau. Interessiere mich aber sehr fuer antike Geschichte im allgemeinen. Ich besitze ein Buch vom Autor C.W. Ceram herausgegeben mit dem Titel Enge Schlucht und schwarzer Berg.
    Daher interessiert mich ihr Beitrag ausserordentlich.
    In sem Buch wird beschrieben das sich die Hethiter zur Zeit der Grossmacht mit dem aegyptischen Ramses bekriegte und spaeter wurde ein Friedenspakt geschlossen und eine hethitische Prinzessin wurde mit Ramses verheiratet was aus einer aegyptischen Schrift hervorgeht.
    Mit freundlichen Gruessen, Gisela Muellmayer, aus Buenos Aires, Argentinien

    1. Das Buch besitze ich ebenfalls, allerdings entsprechen einige der Fakten darin nicht mehr dem aktuellen Stand der Forschung. Dennoch kein schlechtes Buch.
      Die Schlacht von Kadesch und der fünfzehn Jahre später daraus resultierende Friedensvertrag ist ein bemerkenswertes Dokument, wenngleich er auch manchmal in den Darstellungen überhöht wird. Irgendwann muss ich definitiv einen Beitrag dazu verfassen. Zur Zeit habe ich jedoch weniger Zeit für meinen Blog als es mir lieb ist und ich habe erst einmal ein paar andere Themen, welchen ich mich widmen möchte.

      Mit freundlichen Grüßen
      Immanuel Meyer

  2. Wie ich auf diese Seite kam? Laut meiners DNA testes bin ich zu 92% Hethiter! Das kann doch nicht wahr sein!? Falls doch, will ich mein Reich zurück haben! 😄

    1. Es freut mich das sie meine Seite gefunden haben, aber 92% klingt für mich sehr unwahrscheinlich.
      Das Hethitische Reich ging vor knapp 3000 Jahren unter und die Hethiter als Volk verschwinden mit diesem. Es gibt viele Hinweise das bereits während der Spätphase des Großreiches die Hethiter, selbst in ihrem eigenen Kernland, nur noch eine ethnische Minderheit waren.
      Ich halte es für recht wahrscheinlich, das sie kurz nach dem Kollaps ihres Reiches nahezu restlos in den anderen Kulturen Kleinasiens und der Levante aufgegangen sind.

    2. Düfte ich wissen, wo Sie diesen DNA-Test gemacht haben. Ich forsche gerade über die „Torbeschen / Bosniaken“ von Zupa und anscheinend stammen wir auch von den Hethither ab, aber mein DNA-Test zeigt keine Spuren von hetithischer DNA. Ich habe ihn auf MyHeritage gemacht.

      1. Ich habe ihr kommentar erst jetzt gelesen. Den Test habe ich bei iGenia gemacht. Sehr interessant das Bosniaken ihren Ursprung bei den Hethitern haben sollen!?

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